„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schreckenhätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Grabenzugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: „Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde niemanden.“ (Jean-Jacques Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit)
Fabio Spink und Dóra Medveczky gehen der Frage nach, wie Zäune und Wälle das sozialeZusammenleben und die Ungleichheit geprägt haben. War im Mittelalter das Allmenderecht nochvorherrschend, das besagte, dass das nutzbare Land zu einem Dorf gehört und von allen als Gemeinschaftseigentum genutzt werden darf, kam es in der Frühzeit zu einer sogenannten Einhegungsbewegung (Enclosure Movement), also die Schaffung von umzäunten Landflächen. DerZugang zu Grund und Boden, die über Generationen hinweg Holz und Nahrung geliefert hatten, wardamit unmöglich, Grund und Boden wurden zur Handelsware.
Zäune bedeuten aber auch territoriale Grenzen, Migration und transnationale Fluchtbewegungen. AlsBesucher*in steht man vor dem Zaun, ein Durchkommen kaum möglich. Drinnen oder Draußen? Dazugehören oder ausgegrenzt sein? Eine Erfahrung, die Menschen auf der Flucht immer wieder machen.Die wirtschaftliche Globalisierung geht einher mit territorialer Abgrenzung. Was bedeutet jedoch dieVorstellung von Raum und Territorium für unsere demokratischen Gesellschaften? Wenn Zäuneplötzlich die Politik bestimmen? Durch ein Loch im Zaun gelangen wir schließlich auf die andere Seite.Endlich angekommen oder doch gefangen?
Text: Alexandra Viehhauser
Fotos: Dóra Medveczky und Fabio Spink